Agri-Photovoltaik (Agri-PV) verbindet Landwirtschaft und Solarenergie auf derselben Fläche.
Anstatt Ackerland nur für Nahrungsmittel oder nur für Stromerzeugung zu nutzen, werden beide Nutzungen kombiniert– das steigert die Effizienz und bietet Landwirten sowie Grundstückseigentümern neue Chancen.
Gerade in Zeiten von Klimawandel, Wetterextremen und steigendem Energiebedarf wird dieses Konzept immer wichtiger.
Doch wie funktioniert Agri-PV genau, und welche Vorteile hat es?
Was ist Agri-PV?
Bei klassischen Solarparks wird die Fläche ausschließlich zur Energiegewinnung genutzt.
Bei Agri-PV-Anlagen werden die Solarmodule so aufgeständert oder vertikal aufgestellt, dass darunter weiterhin Landwirtschaft möglich ist.
Drei Hauptsysteme:
- Erhöhte Anlagen (2–5 m): Landwirtschaftliche Maschinen können unter den Modulen arbeiten – ideal für Ackerbau oder Weiden.
- Vertikale Anlagen: Module stehen senkrecht (Ost-West-Ausrichtung) und behindern die Bewirtschaftung kaum.
- Bewegliche Systeme: Modulwinkel passen sich automatisch an das Wetter und den Pflanzenwuchs an, z. B. mehr Schatten bei Hitze.
Vorteile für Landwirte und Grundstückseigentümer
1. Zusätzliche Einnahmen durch Pacht oder Stromverkauf
Mit Agri-PV können Eigentümer ihre Flächen weiter landwirtschaftlich nutzen und gleichzeitig zusätzliche Einnahmen erzielen – entweder durch Pachtzahlungen oder den Verkauf von Solarstrom.
So entsteht ein zweites, stabiles Standbein neben der Ernte.
2. Schutz vor Wetterextremen
Die Module wirken wie ein Schutzdach und helfen, Schäden durch Wetter zu verringern:
- Hagel und Starkregen
- Spätfrost im Frühjahr
- Übermäßige Sonneneinstrahlung (Sonnenbrand bei Obst und Wein)
Studien aus Frankreich zeigen, dass Weinreben unter Agri-PV bis zu 60 % weniger Wasser benötigen und gleichzeitig hochwertigere Trauben liefern.
Dies macht Betriebe klimaresistenter und senkt den Bewässerungsaufwand.
3. Stabile Erträge in heißen Sommern
Forschungen am Bodensee (APV-RESOLA-Projekt) zeigen, dass Pflanzen unter den Modulen in sehr trockenen Jahren höhere Erträge erzielen können als auf offenen Feldern.
Beispiel 2018:
- Kartoffeln: +11 % Ertrag
- Winterweizen: +3 % Ertrag
Grund: Der Boden bleibt kühler und feuchter, die Pflanzen leiden weniger unter Trockenstress.
4. Bessere Flächennutzung
Agri-PV macht die Fläche doppelt produktiv: Landwirtschaft + Solarstrom. Forscher sprechen von der sogenannten Land Equivalent Ratio (LER).
In deutschen Projekten wurden bis zu 60 % höhere Gesamterträge gemessen – das heißt: 10 Hektar Agri-PV leisten so viel wie 16 Hektar, wenn Ackerbau und Solar getrennt betrieben würden.
Praxisbeispiele
- Bodenseeraum (Heggelbach):
Kartoffeln, Sellerie und Weizen werden unter erhöhten Modulen angebaut. In Dürrejahren profitierten die Pflanzen vom Schatten – Mehrertrag trotz Hitze. - Apfelplantage in Deutschland:
Agri-PV ersetzt herkömmliche Hagelnetze und Folien. Das Ergebnis: Schutz vor Wetterextremen und zusätzlicher Solarstromertrag. - Weinbau in Frankreich (Sun’Agri):
Dynamische Module reduzieren den Wasserverbrauch um bis zu 60 % und verbessern die Traubenqualität.
Rechtliche Rahmenbedingungen
In Deutschland regeln DIN SPEC 91434 und das EEG 2023, wann eine Anlage als Agri-PV gilt.
Wichtige Punkte sind:
- Die landwirtschaftliche Nutzung muss im Vordergrund bleiben.
- Die Erträge müssen mindestens zwei Drittel des üblichen Werts erreichen.
- Nur ein kleiner Teil der Fläche darf dauerhaft durch Pfosten oder Technik versiegelt werden.
- Seit 2023 gibt es eigene Förderungen und Ausschreibungen für Agri-PV.
Für wen eignet sich Agri-PV?
- Obstbauern: z. B. Apfel- und Beerenplantagen
- Winzer: Schutz vor Sonne, Frost und Hagel
- Landwirte mit Weideflächen: z. B. Schafhaltung unter den Modulen
- Betriebe in Dürre- oder Hagelregionen
Fazit: Landwirtschaft und Energiewende im Einklang
Agri-PV ist eine echte Win-Win-Lösung:
- Schutz der Kulturen vor extremem Wetter
- Stabilere Erträge und geringerer Wasserverbrauch
- Neue Einnahmen durch Pacht oder Stromverkauf
- Beitrag zur Energiewende – ohne zusätzliche Flächenversiegelung
Wer eine geeignete Fläche hat, sollte prüfen lassen, ob Agri-PV sinnvoll ist. Für viele Betriebe ist es ein Weg, Landwirtschaft zukunftssicher und rentabel zu gestalten.
Quellen
- Sun’Agri / INRAE – Forschung im Weinbau: Reduzierter Wasserverbrauch und Qualitätsverbesserung der Trauben
- APV-RESOLA, Fraunhofer ISE – Ergebnisse aus Heggelbach zur Ertragssteigerung in Dürrejahren
- Fraunhofer ISE – Studien zur Land Equivalent Ratio (LER) bei Agri-PV
- DIN SPEC 91434 & EEG 2023 – Rechtliche Grundlagen und Förderbedingungen für Agri-PV