Grundsteuer bei Solarflächen 2025: Agri-PV vs. klassische Freiflächen-PV im Vergleich
Die Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen für Photovoltaik ist für viele Betriebe ein wichtiger Einkommensbaustein geworden. Seit der Grundsteuerreform (wirksam ab 1.1.2025) ist aber eine Frage zentral: Bleibt die Fläche Grundsteuer A (landwirtschaftlich) oder wird sie Grundsteuer B (Grundvermögen/„gewerblich“)?
Die Antwort hängt maßgeblich davon ab, ob es sich um klassische Freiflächen-PV oder um Agri-PV (Doppelnutzung)handelt.
Dieser Beitrag zeigt verständlich, aber fachlich sauber, wie die Grundsteuer in beiden Modellen behandelt wird, welche Vor-/Nachteile daraus entstehen und welche Punkte in der Praxis entscheidend sind.
1. Grundsteuer-Grundlagen: Warum die Flächenzuordnung so wichtig ist
Landwirtschaftliche Flächen gehören in der Regel zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen und unterliegen der Grundsteuer A. Diese ist im Durchschnitt deutlich günstiger als die Grundsteuer B.
Flächen, die aus Sicht der Finanzverwaltung nicht mehr landwirtschaftlich geprägt sind, werden dagegen als Grundvermögen behandelt und fallen unter Grundsteuer B.
Wichtig ist: Bewertungsrechtlich zählt die „prägende Nutzung“ der Fläche. Sobald die Landwirtschaft dauerhaft zurückgedrängt wird, kann die Fläche in die Grundsteuer B wechseln.
2. Klassische Freiflächen-PV: Regelfall Grundsteuer B
2.1 Bewertungsrechtliche Einordnung
Bei klassischen Solarparks wird die Fläche überwiegend zur Stromerzeugung genutzt. Die Landwirtschaft findet dort typischerweise nicht mehr statt. In der Folge ordnet die Finanzverwaltung solche Flächen regelmäßig dem Grundvermögen zu.
2.2 Grundsteuerliche Folge
Grundsteuer A → Grundsteuer B
Das bedeutet eine Neubewertung der Fläche und meist eine spürbar höhere Grundsteuerlast pro Hektar. Wie stark, hängt vom Bundesland-Modell, dem Hebesatz der Gemeinde und dem neuen Grundsteuerwert ab.
2.3 Sonderfall: mögliche Gleichstellung unter Bedingungen
Bund/Länder haben klargestellt, dass Freiflächen-PV nur dann in der Grundsteuer A bleiben kann, wenn
- die Fläche vorher landwirtschaftlich genutzt wurde und
- vertraglich und realistisch vorgesehen ist, dass sie nach Rückbau wieder landwirtschaftlich genutzt wird.
Diese Gleichstellung ist aber nicht der automatische Regelfall; sie muss im Einzelfall sauber begründet werden.
2.4 Vorteile (Grundsteuer-Sicht)
- Höhere Pachten möglich, weil maximal bebaubar (mehr Module/Ertrag). Das kann die höhere Grundsteuer wirtschaftlich deutlich überkompensieren.
- Klare Nutzungslage: Keine Diskussion über „Doppelnutzung“ oder DIN-Kriterien.
2.5 Nachteile (Grundsteuer-Sicht)
- Regelmäßig deutliche Grundsteuererhöhung, da Wechsel in Grundsteuer B.
- Zusätzliche Unsicherheit, wenn Gemeinden Hebesätze anpassen oder die Bewertung streitig wird.
- In Nachfolgefällen (Hofübergabe, Erbschaft) kann die Zuordnung zum Grundvermögen weitere steuerliche Nachteile auslösen (nicht Thema dieses Beitrags, aber häufig gekoppelt).
3. Agri-PV: Grundsteuer A bleibt – wenn echte Doppelnutzung vorliegt
3.1 Bewertungsrechtliche Einordnung
Agri-PV ist definiert als gleichzeitige landwirtschaftliche Nutzung und Stromerzeugung. Bewertungsrechtlich gilt: Agri-PV-Flächen sind vollständig dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zuzuordnen, solange die Landwirtschaft die Fläche weiterhin prägt.
3.2 Maßgebliche Kriterien (DIN SPEC 91434)
Damit eine Fläche als Agri-PV anerkannt wird, orientiert sich die Verwaltungspraxis an der DIN SPEC 91434. Zentral ist u. a.:
- dauerhafte landwirtschaftliche Bewirtschaftung muss nachweisbar weiterlaufen
- PV darf die Landwirtschaft nicht verdrängen
- Flächenverlust durch Ständer, Wege etc. max. ca. 15 % (Kategorie II; Kategorie I sogar 10 %).
3.3 Grundsteuerliche Folge
Grundsteuer A bleibt erhalten
Dadurch gibt es keinen Sprung in die teurere Grundsteuer B – maximal nur geringe Anpassungen innerhalb der Grundsteuer A, wenn z. B. Teilflächen nicht mehr nutzbar sind.
3.4 Vorteile (Grundsteuer-Sicht)
- Keine bzw. nur geringe Grundsteuererhöhung, weil landwirtschaftliche Zuordnung bestehen bleibt.
- Bewertungs- und Planungssicherheit, sofern der Agri-PV-Nachweis sauber dokumentiert ist.
- Die Fläche bleibt „steuerlich Landwirtschaft“, was in der Regel auch für andere Steuerbereiche positiv ist (nur Nebenhinweis).
3.5 Nachteile (Grundsteuer-Sicht)
- Nachweispflicht: Der Betrieb muss die landwirtschaftliche Nutzung dauerhaft belegen (Ernte-/Weidenachweise, Bewirtschaftungskonzept). Fehlt das, droht später doch die Umqualifizierung.
- Technische Einschränkungen (aufgeständerte Systeme, Gassen, geringere Moduldichte) – indirekt relevant, weil niedrigere Pacht den Grundsteuer-Vorteil betriebswirtschaftlich relativieren kann.
4. Direktvergleich Grundsteuer: Was heißt das für die Praxis?
Steuerliche Flächeneinordnung
- Klassisch: meist Grundvermögen
- Agri: LuF-Vermögen
Grundsteuerart
- Klassisch: B (teurer)
- Agri: A (günstiger)
Typische Grundsteuerwirkung
- Klassisch: deutlich höher
- Agri: stabil / geringfügig höher
Voraussetzung für Grundsteuer A
- Klassisch: nur ggf. bei klarer Rückbau-/Rekultivierungsabsicht
- Agri: echte Doppelnutzung nach DIN, max. 15 % Flächenverlust
Hauptrisiko
- Klassisch: dauerhafter Verlust LuF-Status
- Agri: spätere Aberkennung bei fehlendem Nutzungsnachweis
5. Handlungsempfehlungen (ohne Rechtsberatung im Einzelfall)
- Bei Freiflächen-PV:
- Früh klären, ob ein Rückbau-/Rekultivierungskonzept realistisch und vertraglich fixiert ist – das kann in Grenzfällen helfen, Grundsteuer A zu erhalten.
- Grundsteuerklausel im Pachtvertrag: Kosten regelmäßig dem Betreiber zuweisen.
- Bei Agri-PV:
- DIN-konformes Nutzungskonzept und klare landwirtschaftliche Bewirtschaftung (Kategorie I/II) festhalten.
- Bewirtschaftung dokumentieren (jährliche Nachweise), damit die Grundsteuer-A-Zuordnung langfristig sicher bleibt.
Fazit
- Klassische Freiflächen-PV ist aus Grundsteuer-Sicht meist teurer, weil die Fläche regelmäßig in die Grundsteuer B wechselt.
- Agri-PV hält die Fläche in der Grundsteuer A, solange die Doppelnutzung echt ist und die DIN-Kriterien eingehalten werden.
Die Grundsteuer ist damit kein Nebenthema, sondern ein zentraler Baustein in der Wirtschaftlichkeits- und Vertragsgestaltung. Wer früh sauber plant (und dokumentiert), kann unangenehme Überraschungen vermeiden.
Quellen:
Oberste Finanzbehörden der Länder: Gleichlautende Erlasse zur Zurechnung und Bewertung von (Agri-)Photovoltaik-Anlagen für Zwecke der Grundsteuer und des Bewertungsrechts. Erlass vom 15.07.2022.Steuerberaterkammer München: Grundsteuerrecht ab 2025 – Behandlung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Informationsschrift, Stand 06/2023.Bundesministerium der Finanzen (BMF): Fragen und Antworten zur neuen Grundsteuer. FAQ-Sammlung, fortlaufend aktualisiert, Stand 2025.DIN Deutsches Institut für Normung e. V.: DIN SPEC 91434:2021-05. Agri-Photovoltaik-Anlagen – Anforderungen an die landwirtschaftliche Hauptnutzung. Berlin: DIN Media, 2021.Clearingstelle EEG|KWKG: Hinweis-/Dokumentationssammlung zur DIN SPEC 91434 und deren Anwendung bei Agri-Photovoltaik. Veröffentlichung 2021.Ecovis Deutschland: Grundsteuerliche Behandlung verpachteter Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Fachbeitrag, Stand 2022/2023.Dr. Bleiming – Schütt – Linke Steuerberatung: Freiflächen mit Photovoltaikanlagen – Einordnung bei der Grundsteuer nach der Reform 2025. Fachbeitrag, 2022.PV-Portal Thüringen: Steuerliche Behandlung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Agri-PV. Informationsseite, 2024.Freistaat Bayern / Bayerischer Landtag: Landesrechtliche Regelungen zur grundsteuerlichen Behandlung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen (Behandlung unter Grundsteuer A in Bayern). Gesetz/Verwaltungsvorschrift, Beschluss 23.12.2022, Veröffentlichung 2023.Agri-PV Baden-Württemberg (Landes-/Projektplattform): FAQs und Leitfaden zur Abgrenzung Agri-PV vs. Freiflächen-PV. Leitfaden, Stand 07/2023.